Die Französischschüler:innen Klasse 8 und 9 besuchen Brüssel. Hier finden Sie den Reisebericht und ein paar Fotos von der Fahrt.
Anreisetag, 29.01.2023
29.01.2023, 06h30 am Bahnhof in Cloppenburg. Nur die Bahnhofslampe wirft einen schwachen Schein auf den Platz vor dem Bahnhofsgebäude. Es nieselt und der Bahnsteig ist noch fast leer. Es könnte ein Morgen wie jeder andere am Bahnhof Cloppenburg sein. Doch der Schein trügt. Es ist ein Morgen, an dem sich 22 gespannte Brüsselfahrer der AFS Molbergen mit ihren Eltern einfinden. Ein Morgen, an dem die erste Schulfahrt seit Corona wieder stattfinden kann. Und ein Morgen, der wohl vielen als Auftakt einer unvergesslichen Europareise mit Frau Feld und Frau Baier in guter Erinnerung bleiben wird. 06h40, die Stimmung ist freudig und gespannt, als sich alle zum Abschiedsfoto aufstellen. Schnell noch die Brüsselbuchstaben hochhalten und freundlich „Bonjour“ Richtung Kamera flöten. Kurz darauf fährt unser Zug ein, die Reise kann beginnen. Von Osnabrück geht es über Düsseldorf und Köln zum heißersehnten Gare du Midi in Brüssel. Bis alle Koffer an Ort und Stelle in den jeweiligen Wagen platziert, die reservierten Sitzplätze eingenommen und es sich alle bequem gemacht hatten, war die Gruppe fast an der destination d´arrivée angekommen. C´est où, l´hôtel? War die erste Frage, die sich vor Ort in Brüssel stellte. Dank google Maps war der Fußmasch zum Hotel Meininger überschaubar und alle konnten zeitnah ihre Mehrbettzimmer beziehen. Quelle surprise! Die Ausstattung der Zimmer war modern und sauber. Allez-hop! On s´installe! Rosane Pantoffeln, Kartenspiele und vieles mehr fand seinen Weg in die Zimmerablagen. Anschließend traf sich die Gruppe im Eingangsbereich des Hotels und unternahm eine promenade in die Innenstadt, um die Brüsselcard zwecks Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zu aktivieren. Quelle procédure ! Frau Feld und Frau Baier staunten nicht schlecht, als der freundliche Mitarbeiter des Tourismusbüros nicht ohne ein Augenzwinkern neben den Karten etwa 1 kg Informationsmaterial auf die Theke zauberte. Voilà. Es würde keinem an Unternehmungstipps mangeln! Die nächste Überraschung erwartete uns in der nächstgelegenen station de métro. Hier sollten die Brüsseltickets registriert und freigeschaltet werden. Naturellement nicht ohne die nächste Wagenladung Papier, auf der für jede Karte ein einzelner Zugangscode vermerkt war. 24 Mal hintereinander musste diese personalisierte Zahlenfolge in den distributeur eingegeben werden. Eine halbe Stunde später war auch diese Hürde der Bürokratie genommen und alle hatten sich auf dem Bahnsteig eingefunden. Nicht ohne vorher das nächste Abenteuer zu erleben. Die elektronische Zugangsbarriere zur métro öffnet sich nur mit Hilfe des Tickets. Dieses muss lange genug und zielgerichtet auf die Freischaltfläche platziert werden, damit sich die automatischen Türen öffnen. Eine gewisse Reaktionsgeschwindigkeit wird vorausgesetzt, um die Barriere zu durchqueren. Nicht ungefährlich für allerlei Extremitäten. War dies geschafft, konnte die erste U-Bahnfahrt durch das kurvige Metronetz beginnen und wir erkundeten die Stadt. Abends forderte der ereignisreiche Tag dann seinen Tribut. Im Hotel angekommen, waren alle erschöpft und glücklich. Man zog sich auf seine Zimmer zurück und spielte Gesellschaftsspiele.
Brüssel, Tag 1 (30.01.2023)
Der nächste Tag wurde mit einem reichhaltigen petit déjeuner begonnen. Danach versammelten sich die Brüsselfahrer ausgestattet mit Zimmerkarte, Ausweispapieren und festem Schuhwerk an der réception, um sich zum Grand Place zu begeben, von wo aus eine fachkundige Führung durch die Innenstadt von Brüssel geplant war. Als sich die Sonne über die Häuser erhob, staunten die Schüler über den Glanz der mit Blattgold verzierten Häusergiebel des Stadtkerns. Man erwartete eine kurzweilige Stadtführung mit einigen Highlights der historischen Sehenswürdigkeiten. Dass uns ein dreistündiger Schnellkurs in Kunst, Literatur- und Stadtgeschichte dargeboten werden würde, der uns vor allem lehrte, dass gutes Schuhwerk für derartige Anlässe unerlässlich ist, offenbarte sich erst später. Angefangen mit den mittelalterlichen Zunfthäusern über einen Abstecher in die Galéries royales, wo vor allem königliche Hoflieferanten ihren Sitz haben und man den Erfinder der Schokoladenpraline höchst selbst in Schokolade gegossen Bewunderung schenken konnte, führte uns der Weg an Manneken Pis vorbei bis zum Palais de Justice. Manch einer zeigte leichte Erschöpfungserscheinungen, sodass ein kurzer repos in der eindrucksvollen Eingangshalle des Justizpalastes gerade recht kam. Der einmalige Ausblick über die Stadt belohnte alle fußläufigen Mühen. Von dort aus ging es geradewegs Richtung Europaviertel, wo unsere Stadtführung mit einem belgischen sandwich ihr Ende fand. Man erlag zu diesem Zeitpunkt beinahe dem trügerischen Gefühl, in den drei Stunden Stadtführung ein Semester Literatur- und Kunstgeschichte zusammen studiert zu haben und war stolz, es geschafft zu haben. Aber: Honni soit qui mal y pense! Hier kam das Programm erst richtig in Fahrt. Zuerst wurde das Europäische Parlament besucht, wo wir einen Vortrag von Herrn Heyer vom Besucherdienst zur politischen Arbeit und den Organisationsstrukturen des Parlaments hörten. Um in das Gebäude zu gelangen, musste eine flughafenähnliche Sicherheitskontrolle durchlaufen werden. Alle Fahrtteilnehmer passierten problemlos die Ganzkörper- und Gepäckscanner. Nicht so Frau Feld, deren Gepäck eine Verbandsschere im Erste-Hilfe-Set beinhaltete und der erst nach Erklärung der Sachlage und ernsten Minen des Kontrollpersonals Zugang gewährt wurde. Im Seminarraum angekommen, wurde unsere Gruppe bereits erwartet und von dort aus in den Plenarsaal geleitet. Bereitwillig und ausführlich wurden alle Schülerfragen von Herrn Heyer beantwortet, die vor allem die darin befindlichen Übersetzerkabinen aufwarfen. Dass die multilinguale Verständigung auf europäischer Ebene nicht immer frei von Schwierigkeiten ist, wurde uns am Beispiel einer politischen Rede im Parlament erklärt. Die Übersetzer hören einen Satz bis zum Ende und übersetzen ihn so schnell wie möglich. Während sie übersetzen, hören sie bereits die nächsten Sätze des sprechenden Abgeordneten, der mitunter sehr viele Details und spezielle Fachbegriffe in kurzen Redebeiträgen unterbringen muss. Und wer kennt schon alle 15 Fischarten, die bei der Tiefseefischerei von Nöten sind, aus dem Stehgreif? Im Anschluss an den Besuch des Plenarsaals wurde unsere Gruppe im Parlamentarium, dem Besucherzentrum des Europäischen Parlaments, erwartet. Ein Audioguide geleitete durch die multimediale und interaktive Ausstellung. Auch hier erwartete uns eine Sicherheitskontrolle, die dieses Mal ohne Verzögerungen verlief. Die Anwesenheit der Schere in Frau Felds Gepäck hatte wohl schon den entrée erreicht. Eins ist sicher, so schnell wird man unseren Besuch hier nicht vergessen. Den Tagesabschluss bildete ein Besuch im nicht weit entfernten Haus der Europäischen Geschichte, das einen Einblick in die Entwicklung Europas von den frühgeschichtlichen Anfängen bis hin zur Moderne gab. Auch hier stattete man uns mit einem Audioguide und einem Tablet aus und die Erkundung des Museums konnte beginnen. Nach einem solch informativen Tag war das Abendessen die hochverdiente Stärkung und die Gruppe ließ die Abendstunden gemütlich ausklingen.
Brüssel Tag 2, 31.01.2023
Eine französische Redensart besagt: „Manger comme Dieu en France“. Dies nahmen wir uns am zweiten Tag unserer Brüsselreise zu Herzen und schlemmten uns genüsslich durch das reichhaltige Frühstücksbuffet. Die Anreise weiterer Schülergruppen und deren Teilnahme am Frühstück wurde mit Wohlwollen von unseren Lernern aufgenommen. Der Toaster in der Mitte des Buffets avancierte regelrecht zum jugendlichen Meetingpoint. Vive l´Europe! Gut gestärkt begaben wir uns zum Sitz der niedersächsischen Landesvertretung. Hier wurden wir von Herrn Wilke, einem Referenten der Landesvertretung, über die repräsentativen und vernetzenden Aufgaben des zum Niedersächsischen Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung gehörenden Institution informiert und herzlich mit Getränken empfangen. Auf dem Weg dorthin durchquerten wir sämtliche Höhenunterschiede Brüssels. Wie viele Treppenstufen jeder von uns an diesem Tag erklommen hat, wagte niemand genau zu zählen. Ein Blick auf die elektronischen Schrittzähler unserer digitalen Uhren am Abend aber verriet unsere beachtliche Leistung von über 21.000 Schritten. Da die Sehenswürdigkeiten nicht alle mitten im Stadtzentrum gelegen waren, war das Brüsselticket umso praktischer und am zweiten Tag übernahmen Schüler zielsicher die Suche nach passenden Metrostationen und Straßenschildern. So kamen wir auch allen Vorurteilen deutscher Pünktlichkeit entsprechend etwa 1h30 zu früh bei der Chocolaterie an. Die eigentlich eingeplante Gruppe kam 15 Minuten zu spät zu ihrem Termin, aber da saßen wir schon gemütlich in der Produktionshalle und lauschten der Moderation von Stadtführer und Schokoguide Günther. Mit erfrischendem Esprit und nicht zu verkennender Charmeoffensive erläuterte Günther die Herkunft und den Weg vom Anbau der Kakaofrüchte bis hin zu fertigen Schokoladenpralinen. Spätestens in dem Moment, als Günther den Schülern vor ihren Augen frisch zubereitete Schokopralinen in drei verschiedenen Sorten servierte, hatte er sich alle kulinarischen Herzen im Sturm erobert. Nicht einmal die Beinahe-Explosion von Frau Baiers Wasserflasche, der es wohl im schaukelnden Rucksack über den Tag zu viel geworden war, konnte die Stimmung trüben. Nun fehlte, auch wenn man sich schlecht von Günther und seinen Erläuterungen zu trennen vermochte, nur noch eins: Stilechte belgische Pommes in der Friterie nahe des Rathauses. „Vous en voulez vraiment 24?“, fragte der verdutzte Verkäufer. An diesem Tag hat er wohl das Geschäft seines Lebens mit uns gemacht. Sogleich begann er mit der Zubereitung herrlich duftender Portionen und allen lief das Wasser im Mund zusammen. Quel plaisir! Goldbraun und noch vor Hitze dampfend servierte man uns Pommes frites, die aus liebevoll beschrifteten Tütchen herausragten. Wir fühlten uns wahrhaftig wie Gott, allerdings in Belgien. Der im wahrsten Sinne des Wortes vorläufige Höhepunkt der Reise erwartete uns anschließend im Norden Brüssels. Das 107m hohe und 2400 Tonnen schwere Atomium bot sowohl von unten als auch von oben einen atemberaubenden Ausblick. Mit einem ascenceur wurden wir in die höchste aller Kugeln gebracht, von wo aus man eine herrliche vue d´ensemble genießen konnte. Da es bereits dunkel wurde, bot sich der Gruppe der Anblick des riesigen Eisenmoleküls sogar noch in illuminierter Form dar. Was für ein ereignisreicher Tag!
Die Rückreise, 01.02.2023
Bon voyage er bon courage! Beides hätten wir mehr als nötig gehabt. Bei Sonnenschein und guter Laune machten wir uns gegen 11h vormittags am Abreisetag auf den Weg zum Gare du Midi. Vor der großen Anzeigetafel in der Eingangshalle dann der Schreck: Le train ne circule pas. Kein Zug bedeutet einen rétard und ein rétard bedeutet hungrige Schüler. Wir beschlossen uns auf den ersten Schreck hin zu stärken und den nächstmöglichen ICE nach Köln zu nehmen. In Brüssel versicherte man uns, dass unsere Sitzplatzreservierungen auch im folgenden Zug gelten würden. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Leider kontrollierte niemand von uns diese Versicherung. Eine halbe Stunde und unzählige Diskussionen mit anderen Fahrgästen später, erfuhren wir, dass das Gegenteil der Fall war. Wir würden bis nach Hause keine Sitzplatzreservierungen mehr haben. In Köln selbst dann der nächste Aufreger: Der ursprünglich vorgesehene Zug fiel aus und es musste eine Alternative gefunden werden. Am Bahnsteig wartend fuhr in der Zwischenzeit der nächste Zug aus Brüssel an uns vorbei. „Moin dieu!“, seufzte einer unserer Schüler. Aber was wäre eine Reise schon ohne Aufreger und Pannen? Wie beabsichtigt, wird die Brüsselreise wohl allen Teilnehmern in reger Erinnerung bleiben.
Danke an alle, die uns Lehrkräfte und die Schülergruppe bei der Planung, Umsetzung und Finanzierung der Brüsselfahrt 2023 der AFS Molbergen unterstützt haben. In diesem Sinne „Thank you for travelling with Deutsche Bahn“.